Liestal, Altstadt

Begegnungszonen Altstadt

Fotos: Patricia Flüeler
Informationen

Der vom früheren Durchgangsverkehr geprägte Strassenraum wurde mit der Neugestaltung zum entschleunigten Zentrum der Stadt – einem Ort der Begegnung, der zum Verweilen und Einkaufen einlädt. Durch die Aufhebung der Trottoirs entstand eine vergrösserte, frei begeh- und bespielbare Strassenfläche. Die Neugestaltung nimmt Bezug zu den wertvollen Gebäudefassaden der historischen Altstadt, welche den Strassenraum prägen.

Video:

 

Projektbeschrieb
Der Handlungsbedarf für die Umgestaltung der Rathausstrasse war seit Langem bekannt. Nicht nur der Strassenbelag, sondern auch die Werkleitungen waren sanierungsbedürftig. Die verkehrsorientierte Gestaltung mit schmalen Trottoirs genügte den Anforderungen an ein lebendiges Zentrum nicht mehr. Bereits in den 1980er-Jahren war die Neugestaltung der Rathausstrasse das erste Mal ein Thema. Die Vorhaben zur Neugestaltung der Rathausstrasse wurden aber an zwei Volksabstimmungen abgelehnt. Erst beim dritten Anlauf gelang der Durchbruch. Nach der Überweisung des Postulats an den Stadtrat im Jahr 2014 wurde ein Bauprojekt ausgearbeitet, dass alle beteiligten Anspruchsgruppen befriedigte. 2017 fiel dann der Startschuss für die Umbau- und Sanierungsarbeiten. Noch im selben Jahr wurde das Projekt fertiggestellt.

Bei der Projektumsetzung wurde auf eine Pflästerung verzichtet und die Flächen mit einem einheitlichen Asphalt-Belag versehen, der ein ruhiges und einladendes Gesamtbild vermitteln soll. Durch die Aufhebung der Höhenabsätze ist ein frei begehbarer öffentlicher Strassenraum entstanden. Für den motorisierten Verkehr besteht ein Fahrverbot. Lediglich für Anlieferungen ist die Zufahrt am Vormittag erlaubt. Durch breite Granit-Natursteinbänder ist vor jeder Liegenschaft eine Art privater Vorplatz entstanden. Die so gebildeten 54 Vorplätze rhythmisieren das Strassenbild und verbinden den privaten mit dem öffentlichen Raum. Die geringen, aber gezielten Massnahmen ergeben im Zusammenspiel mit den hochwertigen Baumaterialien einen Mehrwert sowohl für die Läden als auch für die Passant/innen.

 

Organisation
Auftraggeber:
Stadt Liestal, Hochbau und Planung

Projekt:
Stauffenegger + Partner Basel

Umsetzung:
Ingenieur: Holinger AG
Lichtplaner: Art Light GmbH

Meilensteine
1996-98
: Planungskredit zur Neugestaltung der Rathausstrasse
1998
: Ablehnung Umsetzungskredit durch
Volksabstimmung
2014: 
Motion / Überweisung an den Stadtrat
2015-16:
 Studienauftrag und Projektierung
2017
: Baubeginn und Fertigstellung

Kostenrahmen
Kosten:
CHF 3’900’000.-

Bewertung der Jury
Die Trennung von Fahrbahn und Trottoir wird aufgelöst und in eine homogene Fläche überführt. Die neue, auf die Bedürfnisse der Fussgänger/innen fokussierte Gestaltung ist auch für die Nutzung durch Menschen mit Behinderung geeignet.Die Mittelrinne kann als Führung für Sehbehinderte genutzt werden, was insofern wichtig ist, weil die Seitenräume durch Auslagen und Restaurants mitbenützt werden. Asphalt, Granitsteinbänder und eine Rinne sowie Sitzbänke charakterisieren die Neugestaltung der Rathausstrasse. Die Verwendung von Asphalt in der Altstadt mag unkonventionell wirken. Aber in Kombination mit den Natursteinbändern, die jeweils die Grenze zwischen den Parzellen andeutet und den Strassenraum rhythmisieren, resultiert eine Mischung aus ländlichem Pragmatismus und schlichter Eleganz. Zudem schafft der dunkle Farbton des Asphalts einen guten Vordergrund für die helleren und vielfältigen Fassaden der Altstadthäuser, die so nicht nur eine stärkere Präsenz bekommen, sondern nebem dem Brunnen und den vielen Gassenzugängen zu einem raumdefinierenden Element werden. Einzelne Sitzbänke, die speziell für die Rathausstrasse entwickelt wurden und die Möglichkeit einer Mehrfachbenutzung bieten, erhöhen nicht nur die Aufenthaltsqualität, sondern fördern auch den sozialen Kontakt.

Mit wenigen, aber präzisen Eingriffen ist es gelungen, die Rathausstrasse in einen lebendigen Stadtraum zu transformieren, in dem man sich zu Fuss gut und gern bewegt, seine Einkäufe macht, sich in einem der Strassencafés trifft oder gemütlich promeniert. Ein Allrounder also, wenn es um die Bedürfnisse der Fussgänger/innen geht.

«Die Rathausstrasse in Liestal funktioniert», war das lapidare Fazit der Jury am Ende eines intensiven Jurierungsprozesses. Dieses ganz selbstverständliche Funktionieren ist für das alltägliche Gehen zentral und keineswegs banal. Jedensfalls ist es leider bei vergleichbaren Umgestaltungen bei Weitem nicht überall der Fall. Deshalb ist die Jury der Meinung, dass mit diesem Projekt ein würdiger Hauptpreisträger mit Ausstrahlkraft gefunden werden konnte.

Quelle: Flaneur d’Or 2020

 

Weitere Eigenschaften
Einbahn, Einbahn mit Velogegenverkehr, Parkplätze bewirtschaftet

Standort
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