Im Zuge der Umgestaltung der Hauptstrasse, der zentralen Achse durch die Brugger Altstadt, stellte sich auch die Frage nach dem an die Situation angepassten Verkehrsregime. Aus Rücksicht auf das lokale Gewerbe, das sich mit strukturellen Problemen konfrontiert sah, wurde eine Lösung gewählt, die einerseits die Vorfahrt mit Autos vor die Geschäfte und eine Kurzzeitparkierung ermöglicht, andererseits aber auch genügend Aufenthaltsqualität und Bewegungsfreiheit für Zufussgehende schafft: die Begegnungszone Altstadt.
Die Stadt Brugg (rund 11‘000 Einwohner) ist an der engsten Stelle der Aare im Mittelland entstanden und ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Die Altstadt ist in kompakter Form gut erhalten geblieben. Im Vergleich zu anderen mittelstädtischen historischen Zentren wird ein relativ bedeutender Teil der Substanz weiterhin für das Wohnen genutzt, wohingegen das Altstadtgewerbe teilweise mit strukturellen Problemen zu kämpfen hat (Schwierigkeiten des klassischen Detailhandels, Umgang mit der Nachtnutzung).
Das Konzept der Anfangs der 2000er-Jahre neugestalteten Hauptstrasse beruht auf einer à-Niveau-Gestaltung von Fassade zu Fassade mit einem zentralen asphaltierten Band und einer Pflästerung in den Seitenbereichen. Die gelungene Umgestaltung bietet mehr Aufenthaltsqualität und Bewegungsfreiheit zum Flanieren. Das Asphaltband ermöglicht den Postautobetrieb, der weiterhin mitten durch die Altstadt führt, und es wird auch von vielen Velofahrenden als attraktive, autoarme Radroute benutzt. Während der motorisierte Durchgangsverkehr bereits zu einem früheren Zeitpunkt aus der Altstadt verbannt wurde, gewährleistet ein Einbahnsystem die Vorfahrt für motorisierte Altstadtbesucher und für die Anlieferung. Das Parkieren ist auf den markierten Feldern für maximal 30 Minuten erlaubt. Dieses Regime gilt jedoch nur tagsüber; zwischen 19.00 und 07.00 Uhr gilt ein Nachtfahrverbot. Eine Wechselsignalisation an den Hauptgassen schaltet jeweils vom Begegnungszonen-Signal auf ein Fahrverbot für Motorfahrzeuge und ein Parkverbot um, damit können die Altstadtbewohner vor den Lärmimmissionen der motorisierten Restaurant- und Barbesucher geschützt werden.
Das Begegnungszonen-Regime während des Tages verbunden mit einem Nachtfahrverbot hat sich seit seiner Einführung im Oktober 2004 bewährt und gut etabliert. Obwohl teilweise bemängelt wird, dass die Kurzzeitparkplätze auf der Hauptstrasse etwas zu zahlreich geraten sind und dabei das Stadtbild stören, sind sowohl Passanten, Anwohner und Geschäftsinhaber als auch Stadtbehörden und Postauto Aargau zufrieden mit der Lösung. Durchschnittlich bewegen sich knapp 1’000 Fahrzeuge pro Tag durch die Altstadt, die meisten im vorgeschriebenen Tempo. Anfänglich mussten aber relativ viele Motorfahrzeuglenkende wegen Missachtung des Fahrverbots verzeigt werden. Da regelmässige, nächtliche Kontrollen durch die Polizei aus personellen Gründen langfristig nicht möglich sind, wurde zunächst die Einführung von versenkbaren Pollern an den Hauptgassen geprüft, letztlich aber wegen des verhältnismässig hohen Aufwandes, des aufwändigen technischen Unterhalts sowie der Beeinträchtigung des Stadtbildes wieder verworfen. Im Einsatz stehen nun seit Ende 2006 entsprechend deklarierte Verkehrskameras, die es ermöglichen, das Nachtfahrverbot zu überwachen und fehlbare Fahrzeuglenkende zur Rechenschaft zu ziehen.
Ein Spezialfall stellt die Führung der Postautolinie durch die Altstadt dar. Die Postautokurse werden auch entgegen der Fahrrichtung des Einbahnregimes geführt, was am Zoneneingang entsprechend signalisiert ist. Diese Praxis funktioniert wohl auch deshalb, weil in der Begegnungszone ein verhältnismässig geringes Verkehrsaufkommen zu verzeichnen ist.
Die Erfahrungen haben gezeigt, dass das Parkierungsregime in der Altstadt für die mit den örtlichen Verhältnissen nicht vertrauten Motorfahrzeuglenkenden eine Knacknuss ist. Tagsüber kann man während 30 Minuten kostenlos auf den markierten Feldern parkieren, muss aber – damit die Einhaltung der 30 Minuten kontrolliert werden kann – die Parkscheibe stellen. Dies wird am Eingang der Begegnungszone mit einer Zonensignalisation zwar signalisiert, überfordert aber viele. Um das Stadtbild nicht mit zusätzlichen Signaltafeln zu belasten, haben die Stadtbehörden deshalb nachträglich Bodenmarkierungen mit einer aufgemalten blauen Parkscheibe angebracht, die von Motorfahrzeuglenkenden gut verstanden und angenommen wurden. Sie entsprechen zwar nicht unbedingt den gesetzlichen Grundlagen und Normen, sind aber bis heute bestehen geblieben.
Randdaten
- Anfang der 2000er-Jahre: Umgestaltung der Hauptstrasse und Workshops über Visionen für die Brugger Altstadt mit dem Resultat eine Begegnungszone anzustreben.
- 07.2004 Verkehrsgutachten Begegnungszone
- 07.2004 Ausschreibung Amtsblatt und Tagespresse
- 08.2004 Ablauf Einsprachefrist
- 09.2004 Realisierung der verkehrlichen Massnahmen
- 10.2004 Inkrafttreten der Signalisation
Kontaktstelle
Planung & Bau
Hauptstrasse 5
Postfach
5201 Brugg
Detailliertes Verkehrsregime in der Altstadt Brugg